Programm (dt.)

Lesungen | Buchvorstellungen | Vorträge

SAMSTAG

Solidarisch gegen Klassismus. Organisieren, intervenieren, umverteilen | Francis Seeck | Samstag, 13:00

Mit Solidarisch gegen Klassismus – organisieren, intervenieren, umverteilen liegt ein erster deutschsprachiger Sammelband zum Thema vor. Der Fokus liegt auf gelebten antiklassistischen Strategien.

Die Bandbreite der 26 Texte reicht von aktivistischen Erfahrungen über theoretische Diskussionen bis hin zu persönlichen Essays. Manche sind wütend, andere eher fragend, einige sind autobiografisch, viele persönlich, einige eher nüchtern beschreibend oder analytisch, andere poetisch. Die Beiträge diskutieren Strategien gegen Klassismus in politischen Zusammenhängen, in Bildungseinrichtungen und gegen Scham; sie berichten von antiklassistischen Interventionen in der Frauen- und Lesbenbewegung und vermitteln Möglichkeiten, sich gegen das Jobcenter oder gegen Vermieter*innen zu organisieren.
Klassismus bezeichnet die Diskriminierung aufgrund von Klassenherkunft oder Klassenzugehörigkeit. Klassismus richtet sich gegen Menschen aus der Armuts- oder Arbeiter*innenklasse, zum Beispiel gegen einkommensarme, erwerbslose oder wohnungslose Menschen oder gegen Arbeiter*innenkinder. Klassismus hat Auswirkungen auf die Lebenserwartung und begrenzt den Zugang zu Wohnraum, Bildungsabschlüssen, Gesundheitsversorgung, Macht, Teilhabe, Anerkennung und Geld.
Häufig wird in Diskussionen zu Klassismus der weiße Arbeiter in den Vordergrund gerückt. Tatsächlich sind viele trans* Personen, alleinerziehende Mütter und Menschen, die Rassismus erfahren, von Klassismus betroffen. Die Beiträge machen die Verwobenheit von Klasse mit Rassismus und Sexismus deutlich.
Der Sammelband wird von Francis Seeck; einer der Herausgeber*innen, vorgestellt.
 
Revolution at Point Zero: Hausarbeit, Reproduktion und feministischer Kampf von Silvia Federici | Lesung und Vortrag von Friederike Beier | Samstag, 15:00
Silvia Federici hat durch ihren politischen Aktivismus und ihre Schriften Generationen von Feminist*innen inspiriert. Als Mitbegründerin der internationalen Kampagne »Lohn für Hausarbeit« hat sie den Grundstein für eine Theoriebildung gelegt, die das Leben und seine gesellschaftliche und soziale Reproduktion ins Zentrum setzt.
Marxistische und feministische Theorien werden kritisch hinterfragt und neu zusammengesetzt, sodass sie die Bedeutung der Hausarbeit für den Kapitalismus und die Privatisierung von Dienstleistungen und Commons (Gemeingütern) erfassen und erklären können. Revolution at Point Zero vereint Federicis wichtigste Texte der letzten fünfzig Jahre, die bis heute nichts an politischer Brisanz und Aktualität eingebüßt haben. Im Gegenteil: Angesichts der aktuellen Krise der sozialen Reproduktion und der weltweiten Frauenstreikbewegung bietet die Lektüre nicht nur Bausteine für eine Analyse der gesellschaftlichen Zusammenhänge, sondern auch für eine feministische Revolution.
»Wenn die Frauenbewegung wieder in Schwung kommen und nicht länger bloß eine weitere Stütze eines hierarchischen Systems sein möchte, muss sie sich mit den materiellen Grundlagen des Lebens von Frauen auseinandersetzen.« – Silvia Federici
Friederike Beier ist Autorin des Vorworts und Herausgeberin der Reihe Theorien und Kämpfe der sozialen Reproduktion.
 
stolzeaugen.books – die erste Verlagsgesellschaft von und für Menschen mit Rassismuserfahrung in Deutschland | Lesung & Vorstellung von stolzeaugen.books | Samstag, 15:00
Die Stimmen und Expertisen von BiPoC und MIRE (Menschen mit Intersektionalitäts- und Rassismuserfahrung) werden in allen literarischen Formaten noch viel zu oft überhört, oder als Randerscheinung gebrandmarkt. Es ist an der Zeit, dass die Perspektiven von einem sehr großen Teil der Bevölkerung mehr Sichtbarkeit bekommen! Die erste Veröffentlichung des Verlages erschien am 19. Februar 2021. „Texte nach Hanau“ bildet in 63 Texten die Stimmen von 50 Menschen, deren Hoffnungen, Schmerz und Lebensrealitäten ab. Das zweite Buch ist der erste Teil einer Kinderbuchreihe, welche sich aus intersektionaler Perspektive mit gesellschaftspolitischen Themen auseinandersetzt. Das Buch „Samira und die Sache mit den Babys“ von Souzan AlSabah und Özlem Sakalkesen wird am 01. August 2021 auf dem Markt erscheinen.
 
Knast gehört dazu Das Gefängnis als Schauplatz des sozialen Krieges und Teil anarchistischer Kämpfe | anarchistische Bibliothek „Die Sturmflut“ | Samstag, 17:00

Sozialrevolutionäre Kämpfe können nicht ohne die Möglichkeit von Inhaftierung gedacht werden. Ganz im Gegenteil sind die Knäste sehr sichtbare Orte der sozialen Misere in denen sich die Gesellschaft widerspiegelt, deren Ordnung wir ein schnelles Ende bereiten wollen. Wir wollen über die Situation hinter den Mauern, Handlungsmöglichkeiten in Gefangenschaft sowie über die Solidarität mit gefangenen Anarchist*innen sprechen.

 

Erinnern stören – der Mauerfall aus migrantischer und jüdischer Perspektive | Lydia Lierke | Samstag, 17:00
Der Mauerfall 1989 ging mit einer Vereinigung einher, die im folgenden Jahrzehnt migrantische und jüdische Lebensrealitäten in Deutschland massiv bedrohte. In der ritualisierten Erinnerungskultur ist das Erleben dieses Epochenbruchs aus Sicht der migrantischen und jüdischen Bevölkerung lange eine Leerstelle geblieben. Der Sammelband „Erinnern stören“ möchte diese unbekannten Geschichten und Perspektiven auf die deutsch-deutsche Vereinigung wieder sichtbar machen und an die Kämpfe um Teilhabe in den 1980er Jahren, einschneidende Erlebnisse um die Wende und die Selbstbehauptung gegen den Rassismus der 1990er Jahre erinnern. So beinhaltet er Geschichten von Bürgerrechts- und Asylkämpfen ehemaliger Gastarbeiter*innen, von Geflüchteten in BRD und DDR, Beiträge über den Eigensinn von Vertragsarbeiter*innen, von damaligen internationalen Studierenden, über jüdisches Leben in Ost und West sowie über die Kämpfe von Sinti und Roma im geteilten Deutschland.
Die Mitherausgeberin Lydia Lierke wird den Sammelband, sowie die Analysen und Erfahrungen der Interviewten vorstellen.
 
Die Sommer | Lesung von Ronya Othman | Samstag, 19:00

Das Dorf liegt in Nordsyrien, nahe zur Türkei. Jeden Sommer verbringt Leyla dort. Sie riecht und schmeckt es. Sie kennt seine Geschichten. Sie weiß, wo die Koffer versteckt sind, wenn die Bewohner wieder fliehen müssen. Leyla ist Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden. Sie sitzt in ihrem Gymnasium bei München, und in allen Sommerferien auf dem Erdboden im jesidischen Dorf ihrer Großeltern. Im Internet sieht sie das von Assad vernichtete Aleppo, die Ermordung der Jesiden durch den IS, und gleich daneben die unbekümmerten Fotos ihrer deutschen Freunde. Leyla wird eine Entscheidung treffen müssen.


 

SONNTAG

Wir wissen was wir wollen. Frauenrevolution in Nord- und Ostsyrien | Herausgeber_innenkollektiv | Sonntag, 13:00

Eine Delegation der feministischen Kampagne „Gemeinsam Kämpfen“ reiste im Winter 2018/2019 drei Monate lang durch Nordostsyrien/Rojava. 2012 wurde dort im Zuge der Syrischen Revolution die Selbstverwaltung ausgerufen. Grundlage der Selbstverwaltung ist der Demokratische Konföderalismus, ein Gesellschaftsmodell, das von Abdullah Öcalan entwickelt wurde und auf den drei Säulen Demokratie, Ökologie und Geschlechterbefreiung beruht. Während der entschlossene Widerstand der Frauen gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) medial aufgegriffen wurde, blieb das revolutionäre Potential der Ideen hinter dem Kampf weitgehend unbeachtet. Der Aspekt „Frauenrevolution“ fand kaum Eingang in den öffentlichen Diskurs. Ziel der Delegationsreise war, die Aspekte der Frauenrevolution in Nordostsyrien sichtbarer zu machen. Zurück in Deutschland geben Teilnehmerinnen der Delegation auf Veranstaltungen die auf der Reise gesammelte Eindrücke und Erlebnisse weiter. Es geht um gesellschaftliche Umstrukturierung aus der Perspektive der Frauen in der Zivilgesellschaft, den Selbstverwaltungsstrukturen und im Militär. Was macht die Revolution zu einer Frauenrevolution? Wie sieht das basisdemokratische Gesellschaftsprojekt in der konkreten Umsetzung aus? Was hat sich im Alltag der Frauen verändert? Wie kann im 21. Jahrhundert eine gesellschaftliche Alternative zu Kapitalismus und Patriarchat gelebt werden? Und was können wir davon lernen?

Das faschistische Jahrhundert. Neurechte Diskurse zu Abendland, Identität, Europa und Neoliberalismus | Volkmar Wölk, Felix Schilk & Friedrich Burschel | Sonntag, 13:00

Mussolinis Vorhersage eines Jahrhunderts des Faschismus von 1932 reicht bis heute, da weltweit völkische, nationalistische und in vielfacher Hinsicht faschistische Bewegungen auf dem Vormarsch sind, autoritäre Regime an der Macht oder an Regierungen beteiligt sind. Rechtes Denken und faschistische Ideologie sind heute wieder salonfähig und nennen sich „neu“, auch wenn die Ideen dahinter steinalt sind und ihre Wurzeln tief ins 20. Jahrhundert hinunterreichen.

In ihren Beiträgen klopfen die Autor*innen dieses Bandes, Julian Bruns, Felix Korsch, Felix Schilk, Natascha Strobl und Volkmar Wölk, die aufgeladenen Begriffe „Abendland“, „Europa“, „Liberalismus“ und „Identität“ auf ihre Herkunft und Entwicklung und daraufhin ab, welche Bedeutung sie heute für eine Neue Rechte haben, die sich unter anderem auf die sogenannte Konservative Revolution und den Faschismus der 1920er Jahre beruft. Zu hören ist dabei der Widerhall von Krieg, Gewalt und Terrorismus. Das titelgebende Mussolini-Zitat ist Gegenstand des Beitrages des britischen Faschismusforschers Roger Griffin in diesem Buch.

 

Mobilisierbare Deutsche. Eine politische Einordnung der „Corona-Rebellen“ | eklat_ms | Sonntag, 15:00
Das System ist gemein, aber nicht geheim.
Diese Broschüre liefert eine Reflexion der ideologischen Grundaspekte, die hinter der Mobilisierung der sogenannten „Corona-Rebellen“ liegen.
Die sogenannten „Hygienedemos“ haben gezeigt: Nicht wenige Menschen in Deutschland sind für eine regressive Mobilisierung offen. Diese, auf ihren Gestus reduzierte Rebellion, soll die unbegriffene gesellschaftliche Ohnmacht der Individuen kaschieren, während die realen Gründe der Ohnmacht unangetastet bleiben. Es ist eine Spielart der konformistischen Revolte, die sich subversiv aufführt und eine Schein-Rebellion gegen eine imaginierte Macht anzettelt. Sie lässt autoritäre Fantasien frei, frönt Strafbedürfnissen und sehnt sich nach Kollektiv und Führung.
Die Broschüre „Mobilisierbare Deutsche” liefert eine Reflexion der ideologischen Grundaspekte dieser Mobilisierung. Sie zeigt auf, inwiefern das entfaltete Narrativ den üblichen Mustern von regressiver Gesellschaftskritik und Verschwörungsmythen entspricht. Dadurch wird erklärbar, warum auch unverdächtige Akteur*innen über eine Eigendynamik in die Nähe zu extrem Rechten gelangen konnten – eine tieferliegende Affinität wird offenbart.
Herausgeber*innen und Autor*innen: eklat_ms ist eine antifaschistische Gruppe aus Münster, die sich 2018 gegründet hat, um sich der zunehmenden autoritären Formierung der Gesellschaft mit einer linksradikalen Kritik und Praxis entgegenzustellen. Mittlerweile ist die Gruppe im Bündnis …ums Ganze!, in der europäischen Vernetzung Beyond Europe und in der Kampagne Nationalismus ist keine Alternative (NikA) organisiert.
 
Empowerment und Widerstand Inspirierende Begegnungen mit Audre Lorde | Marion Kraft | Samstag, 15:00

Audre Lorde (1934–1992) ist eine der einflussreichsten afroamerikanischen Autorinnen* des 20. Jahrhunderts. Die Werke der Schwarzen lesbischen kriegerischen Dichterin – wie sie sich selbst bezeichnete – und Aktivistin, Essayistin und Romanautorin sind bis heute international wegweisend und aktuell für Schwarze, feministische* und weitere Befreiungsbewegungen. Dieser Band veranschaulicht die Verbindungen Schwarzer Frauen über Grenzen und Unterschiede hinweg. Er bietet einen verdichteten Überblick über das Leben, die Visionen und die Philosophie Audre Lordes. Marion Kraft, eine enge Freundin Audre Lordes präsentiert in diesem Buch persönliche und facettenreiche Essays über das Werk, Leben und die Visionen Audre Lordes. In einem Interview aus dem Jahr 1986 kommt Audre Lorde selbst zu Wort. Das Buch wurde von Marion Kraft zunächst anlässlich Audre Lordes 25. Todestages auf Englisch veröffentlicht und liegt hier nun endlich auch auf Deutsch vor. Es ist eine politische wie persönliche Hommage an Audre Lorde und ihr wichtiges transnationales, literarisches und aktivistisches Wirken.

 

Teilnahme verboten. G20-Protest und der Prozess von Fabio V. | Jamila Baroni & Michèle Winkler | Sonntag, 17:00
Im Juli 2017 reist Fabio V. im Alter von 18 Jahren von Italien nach Hamburg und nimmt an einer Demonstration gegen den G20-Gipfel teil. Eine Stunde später wird er festgenommen und fast fünf Monate in Untersuchungshaft gehalten, obwohl ihm persönlich keine Straftaten nachgewiesen werden können. Staat, Polizei und Medien hatten schon vor dem Gipfel Stimmung gegen jede Art von Protest gemacht. Jetzt soll ein Exempel statuiert werden. Fabios Mutter, die für die Zeit der U-Haft nach Hamburg übersiedelt, beschreibt aus persönlicher Sicht den Kampf um ihren Sohn gegen eine Justiz, die – angefeuert von Politik und Medien – zahlreiche Strafverfahren gegen Menschen einleitet, deren Schuld darin besteht, ein grundgesetzlich garantiertes Recht für sich in Anspruch genommen zu haben.
 

Das Buch wurde 2019 in Italien durch den Verlag „Agenzia X“ veröffentlicht und 2020 vom Unrast Verlag ins Deutsche übersetzt und verlegt. Es ist eine Art Reportage über Jamila Baronis spezifische Erfahrungen entlang des Freiheitsentzugs ihres Sohnes – geschrieben im Wissen, dass das so jede*n andere*n hätte treffen können. Jamila Baroni wird per Online-Konferenz zugeschaltet sein. Sie wird vom Kampf gegen die deutschen Repressionsbehörden berichten und Fragen aus dem Publikum beantworten.

Michèle Winkler hat für das Komitee für Grundrechte und Demokratie den Strafprozess gegen Fabio beobachtet und davon berichtet. Für die deutsche Ausgabe des Buchs „Teilnahme verboten“ hat sie das Nachwort geschrieben. Sie kann zur juristischen und politischen Dimension des Prozesses und der Aufarbeitung des G20-Gipfels in Hamburg Auskunft geben.

 

Für die Ohren
Willkommen in Transistan | Die Initiative Postmigrantisches Radio stellt sich vor | Sonntag, 17:00
Wir sind eine Gruppe von Menschen aus unterschiedlichen Orten, die sich über das Medium des Radios kritisch mit gesellschaftlichen Herrschafts- und Machtstrukturen auseinandersetzt. Wir bezeichnen uns als postmigrantisch, migrantisch, queer, kanackisch, BPOC und repräsentieren all das, wovor die AfD und Horst Seehofer Angst haben. Wir machen die Differenz zum Ausgangspunkt unseres Schaffens und repräsentieren unsere Auseinandersetzungen damit im Radio über Diskurs, Politik, Musik und Pop-Kultur.
Gemeinsam laden wir dazu ein zuzuhören und mitzumachen. Mit Musik und Spoken Word wollen wir unser Projekt vorstellen. Unerhörtes situiertes Wissen wollen wir hörbar machen. Außerdem sprechen wir über unser Anliegen und unsere bisherigen Arbeiten, spielen Lieblingsmusik und stellen Life und vor Ort unsere neuen Arbeiten und Projekte vor.
 
Für die Augen
Copines | Fotografien von Rolle
Die in Copines versammelten Fotografien entstanden zwischen 2010 und 2017 in Sofia und Perpignan. Im ersten Teil begleitet und porträtiert Rolle Menschen in Fakulteta, einer der größten Roma-Siedlungen in Bulgarien.
Im zweiten Teil dokumentiert er Graffiti in St. Jacques, einem Stadtteil von Perpignan, Südfrankreich. Freundschaften und Liebesbeziehungen werden hier in wiederkehrenden Listen verewigt, so entstehen Register von „Couples“ und „Copines“.
Rolle ist Fotograf, Zeichner, Filmemacher, Musiker und Rollschuhfan und lebt zur Zeit in Kassel. Für die Bookfair stellt er die Fotografien aus Copines an Hauswänden rund um den Veranstaltungsort aus.
For fans of graffiti, this book will introduce them to an entirely different form of writing. For the people of St. Jacques, the book will become an important historic document of their lives.  martha cooper